Najem Wali trifft Alessandro Leogrande

im GOETHE Institut Belgien
Debatte
Nordwärts: Geschichten von Grenzen und Migrationen

Am 16. Februar laden das Istituto Italiano di Cultura di Bruxelles und das Goethe-Institut Brüssel zwei anerkannte Schriftsteller und Journalisten zum Gespräch über Migration und Grenzen ein: Alessandro Leogrande (Il naufragio. Morte nel Mediterraneo, Feltrinelli, 2011, und La frontiera, Feltrinelli 2015) und Najem Wali (Bagdad. Erinnerungen an eine Weltstadt, Hanser, 2015, Engel des Südens, Hanser, 2011).

Eine Grenze trennt und verbindet den Norden, der sich selbst als demokratisch, liberal und zivilisiert wahrnimmt und den Süden – arm, kriegsgebeutelt, rückwärtsgewandt und undemokratisch. (Eine weitere Grenze trennt Westen und Osten). Am Rande dieser Grenzen kämpfen Menschen für eine bessere Zukunft, Menschen werden abgewiesen, Menschen wandern aus, Menschen sterben. Wie behandelt man als Autor das Thema Migration? Wie kommt man dem Kern dieses schwer fassbaren Themas nahe?

Alessandro Leogrande bereiste viele der aktuellen Grenzen. Sein investigatives Werk nimmt uns mit an Bord eines Schiffes, das an der „Operation Mare Nostrum“ beteiligt ist. Wir begegnen Menschen – Schleppern und Überlebenden – die Schiffbruch an der Küste Lampedusas erlitten haben. Leogrande verfolgt die Geschichte von Eritreern, die wegen der Diktatur in ihrem Land zur Migration gezwungen sind. Die harsche Situation Eritreas ist nicht zuletzt Folge der Zeit, als das Land noch eine italienische Kolonie war. Auch an andere Grenzen bringt er uns: nach Griechenland, in die Balkanstaaten, nach Libyen… imaginäre Grenzen, die zugleich sehr real sind. Nicht verheilte Wunden.

Najem Wali flüchtete vor der Diktatur Saddam Husseins aus dem Irak, nachdem 1980 der erste Golfkrieg ausgebrochen war, und zog nach Norddeutschland. Er verarbeitete diese persönliche Erfahrung in zahlreichen journalistischen Beiträgen für arabische und deutsche Zeitungen. Auch in seinen Büchern greift er das Thema Grenzen immer wieder auf. In seinem Werk Reise in das Herz des Feindes besucht Najem Wali Israel und hält sich dabei an das existentialistische Prinzip Sartres: Lerne dein Gegenüber kennen, bevor du dir eine Meinung bildest. Wali nimmt eine sehr kritische Haltung gegenüber arabischen Regierungen ein. Er bricht das Tabu, demzufolge alles Israelische per definitionem schlecht sei. Ein Appel für Frieden, für die Zusammenarbeit zwischen Völkern und für die Aufhebung von Grenzen.

Alessandro Leogrande wurde 1977 in Tarent geboren. Er ist stellvertretender Direktor des italienischen Monatsmagazins Lo straniero und Kurator der wöchentlichen Kolumne der italienischen Zeitung Corriere des Mezzogiorno; zugleich arbeitet er auch mit Saturno und Il Fatto Quotidianozusammen. Leogrande berichtet über neue Arten der Mafia, sowie der Protestbewegung und der Ausbeutung ausländischer Landarbeiter. Mit seinem Buch Uomini e caporali. Viaggio tra i nuovi schiavi nelle campagne del Sud gewann er 2008 zahlreiche Preise, unter anderem den „Premio Napoli – Libro dell’Anno“, den „Premio della Resistenza Città di Omegna“, den „Premio Sandro Onofri“ und den „Premio Biblioteche di Roma“. Sein neuestes Werk La frontiera ist 2015 erschienen.

Najem Wali wurde 1956 in Basra (Irak) geboren. Er studierte Deutsche Literatur an der Universität Bagdad und floh 1980, nach dem Beginn des Ersten Golfkriegs, aus dem Land. Er setze sein Studium in Hamburg und Madrid fort. Im Auftrag der Internationalen Organisation für Migration unterstützte er 2005 die ersten irakischen Wahlen nach dem Sturz Saddam Husseins. Er lebt und arbeitet in Berlin als Kulturkorrespondent für die wichtigste arabische Tageszeitung Al-Hayat und ist freiberuflich fürSüddeutsche Zeitung, Neue Zürcher Zeitung und Die Zeit tätig. Unter anderem schrieb er folgende Bücher: Die Reise nach Tell al-Lahm (2001),Jussifs Gesichter (2008) und Bagdad Marlboro (2014). Für Bagdad Marlboroerhielt Wali 2014 zudem den Bruno-Kreisky-Preis.

Moderatorin: Maria Carmen Morese, Institutsleiterin des Goethe-Instituts Neapel