taz: Was sagt die Inhaftierung des 75-Jährigen über das Land Algerien aus?
Wali: Viel. Etwa wie willkürlich alles dort stattfindet. Sansal kritisierte die Zustände in Algerien sowie die drohende Gefahr durch Islamismus seit Jahren. Bisher war ihm nichts passiert. Jetzt auf einmal warf ihm die Staatsmacht Verrat vor. Plötzlich war viel von verletzten Nationalgefühlen die Rede, die staatliche algerische Nachrichtenagentur bezeichnete Sansal als „Pseudointellektuellen“, der unterstützt würde von der ganzen „antialgerischen“, „prozionistischen“ Szene Frankreichs.
taz: Hat der PEN Deutschland Kontakt zu Sansal? Wenn ja, wie setzt er sich für seine Freilassung ein?
Wali: Es geht jetzt bei uns, dem PEN-Zentrum Deutschland, und bei mir persönlich als Writers-in-Prison-Beauftragter darum, Sansal freizubekommen. Was es bedeutet, in Gefangenschaft zu sein, weiß ich aus eigener Erfahrung. Daher weiß ich auch, wann es wichtig ist zu sprechen und wann zu schweigen notwendig ist. Wir sind seitens der Regierungen gebeten worden, für geraume Zeit den Ball flach zu halten, heißt, ruhig zu bleiben, weil es wohl Verhandlungen gibt. Für mich ist klar, solange eine Schriftstellerin oder ein Schriftsteller in Haft sitzt, ist keiner von uns frei.
Auf der Suche nach dem verlorenen Frieden: Die bislang unbekannte brisante Tonaufnahme eines Gesprächs zwischen Gamal Abdel Nasser und Muammar Gaddafi im Jahr 1970.
„Der erste Araber, der zu Verhandlungen mit Israel aufrief, war der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser, entnimmt der SchriftstellerNajem Wali in der FAZ der Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen Nasser und dem libyschen Oberst Muammaral–Gaddafi vom 3. August 1970, das kürzlich auf dem Youtubekanal von Nassers zweitem Sohn Hakim Abdel Nasser veröffentlicht wurde und das für Wali die „Utopie nach einer Zweistaatenlösung“ wiederaufleben lässt. Nasser schlägt hier Gaddafi vor, „dass diejenigen, die gegen die ägyptische Annahme der Rogers-Initiative zur Beendigung des Abnutzungskriegs zwischen Israel und Ägypten Einwände erhoben hatten, doch eine Ostfront bilden und gegen Israel kämpfen mögen. Zugleich sollten sie aber bitte gegenüber Ägypten den Mund halten. Gemeint sind damit Syrien, der Irak, Algerien, die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) und der Südjemen, die sämtlich die Initiative des amerikanischen Außenministers abgelehnt hatten. Im Detail erörtert Abdel Nasser gegenüber Gaddafi die damalige Realität – und ironischerweise ist sie bis heute die gleiche geblieben! Dass nämlich Israel allen seinen arabischen Feinden militärisch überlegen ist und dass die Araber, einschließlich Ägypten, nicht die Macht haben, Israel zu besiegen, geschweige denn Palästina zu befreien.“ (Aus: Perlentaucher) Der Artikel erschien in der FAZ am 30. Mai 2025. (Bezahlschranke)
Ein Interview von Stefan Berkholz erschienen im nd
nd-aktuell: Im Vorwort zur Anthologie »25 Jahre Writers in Exile« schreiben Sie, viele große Werke der Weltliteratur seien im Exil geschrieben worden, aber sie handelten nicht vom geografischen Exil, sondern erzählen von der Idee der ewigen Verbannung des Menschen und seiner Heimatlosigkeit in der Gesellschaft. Jeder Künstler sei ein Verbannter. Betrachten Sie das Exil als Heimat des Schriftstellers? Wali: Ja, Exil ist Heimat für mich … Adam und Eva sind die Ururgroßeltern von uns. Als sie ins Exil geschickt wurden, aus dem Paradies verbannt, konnten sie nicht mehr zurück. Und wir sind die Frucht dieser Verbannung.
nd-aktuell: Die türkische Schriftstellerin Aslı Erdoğan gibt in vielen Texten ihrer Verlorenheit in der Welt eine Stimme. Die 57-Jährige ist in ihrer Heimat verfolgt worden, wurde inhaftiert und gefoltert und lebt nunmehr seit Jahren in Deutschland. Erdoğan wirkt wie ein Symbol für das Unglück von Vertriebenen, in einem Text von ihr kann man davon lesen. Dagegen setzen Sie hoffnungsvolle Zeichen, wenn Sie über »Freiheit und Exil« nachdenken. Wali: Ich glaube, ein Autor muss Weltenbummler sein. Er ist immer ein Reisender, im Kopf oder durch die Welt. Und das Schreiben, Literatur ist Freiheit.
nd-aktuell: Klingt das nicht allzu optimistisch? Wali: Exil ist eine Übung. In den 45 Jahren seit meiner Flucht habe ich vieles erlebt – und ich fürchte weniger. Daher kommt dieser Geist des Widerstands. Dank des Exils gibt es diese Freiheit. Für mich sind Literatur und das Schreiben Freiheit. Wenn ich das Exil betrachte, dann ist es für mich ein positiver Ort, nicht negativ.
„Fremdsein und Exil beginnen, wenn der Mensch begreift, dass er allein und verlassen ist, wenn er nach festem Boden unter seinen Füßen sucht und dieser unter ihm nachgibt. Die Fremde beginnt, wenn das Herz zu klagen beginnt.“ (Najem Wali)
„Gefährdete Stimmen einer Welt in Gefahr“, so lautet der Titel einer von Najem Wali herausgegebenen Anthologie mit Stimmen von Exil-Schriftstellern in Deutschland, die am 8. Januar 2025 im Secession Verlag erschienen ist. „Die Freundschaft mit der Welt, mit den anderen, ist gestört. So beginnt das Exil zunächst »dort«, im Heimatland, wenn der Mensch seine schöpferische Fähigkeit oder das Leid erkennt, und die »geografische« Verbannung ist seine tragische Fortsetzung.“
Najem Wali ist einer der vertriebenen Schriftsteller. 1980 flüchtete er aus dem Irak vor Saddam Hussein und dessen Folterknechten. In Hamburg hat er deutsche Literatur studiert und sich auf das Thema „Exilliteratur“ spezialisiert. Als ersten Beitrag hat Wali nun als Herausgeber dieser Anthologie einen Text von Swetlana Alexijewitsch, der Literaturnobelpreisträgerin von 2015, aufgenommen. An Küchentischen hat sie die Stimmen von Verlorenen, Verratenen und Verstummten aus der Stalinzeit zu Gehör gebracht.
„Sie haben alle im Lager gedient oder gearbeitet (…). Ja, sie reden von ihrer ›Arbeit‹. Das Lager war für sie einfach eine Arbeit! Ein ganz normaler Dienst! Und Sie reden von Verbrechen! Von Seele und Sünde. Die im Lager saßen, das war nicht irgendwer, das war das Volk, und die Aufseher, das war auch das Volk, kein fremdes von weither, nein, dasselbe Volk. Unser Volk. Heute, da tun alle so, als hätten sie Häftlingskleidung getragen. Heute sind alle Opfer. Schuld an allem ist allein Stalin. Ach…“
Für SR Kultur hat Stefan Berkholz die Anthologie „25 Jahre Writers in Exile. Gefährdete Stimmen einer Welt in Gefahr“ gelesen, die am 8. Januar 2025 erschienen ist.
Najem Wali hat darin Texte von verfolgten und exilierten Autorinnen und Autoren aus vier Kontinenten gesammelt, die Stipendiaten des Writers-in-Exile-Programms des PEN Zenturm Deutschland sind und waren. Wali bringt dadurch Flüchtlinge zu Gehör, die zunehmend bedroht sind in einem Europa, das immer weiter nach rechts rückt und gegen Fremde Politik macht. In diesem Buch kann das Leid und die Verlorenheit von Vertriebenen vernommen werden. Der Beitrag vom 20. Januar 2025 ist nachzuhören bei SR Kultur HIER
„Die Besorgnis erregende Zunahme der Verfolgung, Folterung und Ermordung von DichterInnen, AutorInnen und Intellektuellen in aller Welt ist für die Bundesrepublik Deutschland Anlass, auch außerhalb des klassischen Feldes der Außenpolitik Mittel und Wege zu wählen, um einzelnen Opfern zu helfen.“
Dieser Satz ist 25 Jahre alt – 1999 wurde das Unterstützungsprogramm „Writers in Exile“ begründet, das das PEN Zentrum Deutschland gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – damals ein neues Amt übrigens – aufgesetzt hatte. 25 Jahre, in denen sich enorm viel verändert hat. Im Büchermagazin von Radio Bayern 2 spricht Najem Wali, Vize-Präsident des PEN Deutschland, über die Anthologie, die er anlässlich des Jubiläums herausgegeben hat, und die Lage verfolgter Schreibender weltweit. Nachzuhören ist das Gespräch HIER
Die Anthologie „25 Jahre Writers in Exile – Gefährdete Stimmen einer Welt in Gefahr“ herausgegeben von Najem Wali ist am 8. Januar 2025 im Secession Verlag erschienen.
Najem Wali, Vizepräsident des PEN Zentrum Deutschland, spricht in der taz über die Zukunft in Nahost, über Unterschiede beim Feiern und die Chancen für einen demokratischen Neuanfang in Syrien.
Foto: Philip Kojo Metz
taz: Gefeiert haben zuletzt viele Menschen in Iraks Nachbarland Syrien. Woran dachten Sie, als Sie die Bilder vom Sturz des Regimes in Damaskus sahen? Najem Wali: Die Aufnahmen erinnerten mich an den 9. April 2003 im Irak. Als die amerikanischen Marines in Bagdad einmarschierten und Saddam Hussein stürzten. In Syrien waren es natürlich hauptsächlich einheimische Milizen, die den Tyrannen stürzten. Doch auch im Irak war zunächst die Freude groß. Kinder und Jugendliche feierten auf den Straßen, Denkmäler wurden vom Sockel geholt. (…) Das ganze taz Interview von Andreas Fanizadeh, erschienen am 28. Dezember 2024, lesen Sie HIER
Was von der Baath-Bewegung im Nahen Osten bleibt, ist viel Übles, das jederzeit wieder zum Leben erwachen kann, warnt Najem Wali in einem in der FAZ am 24. Dezember 2024 erschienen Artikel (Bezahlschranke). Die Baath-Partei wurde aus Syrien vertrieben. Ihr Geist, ihre Erziehung und ihre Moral spuken weiterhin in den Seelen von Millionen Menschen.
(…) Auch wenn die Baathisten die Illusion vermittelten, dass sie säkular wären, waren sie letztlich sektiererisch. Die „alawitischen“ Baathisten in Syrien und die „sunnitischen“ Baathisten im Irak hätten sich sonst nicht fast vier Jahrzehnte lang allein an der Macht halten können. Ohne ihre Diener und Sklaven, ohne eine Klientel, die ihnen als Ohren und Zunge zum Verpfeifen und als schmutzige Hand beim Schikanieren von Gegnern diente, hätten die Baathisten in keinem der Länder mit eiserner Hand und Feuereifer herrschen können. (…) Den vollständigen Artikel lesen Sie HIER
In MDR KULTUR spricht Najem Wali, Beauftragter des Writers-in-Prison Programs des PEN Zentrum Deutschland über die Situation von Schriftsteller*innen in Syrien vor und nach dem Sturz des Regimes. Zum Hören des Beitrags klicken Sie bitte HIER
How would a man weigh up the predicament of women in Saudi Arabia? In „Saras Stunde“ (Sara’s Hour) by Iraqi exile Najem Wali, his courageous heroine seeks to settle the score with the kingdom’s hypocritical and male-dominated society. For more info click HERE
In Leipzig gab der PEN Deutschland Einblick in das Schaffen des algerisch-französischen Autors. Es mehren sich Stimmen, die Sansals Freilassung fordern. Die TAZ berichtet.
Genau weiß man es immer noch nicht, auch über zwei Wochen nach der plötzlichen Verhaftung Boualem Sansals auf dem Flughafen in Algier, was der sich eigentlich hat zuschulden kommen lassen. Es war viel von verletzten Nationalgefühlen die Rede, die staatliche algerische Nachrichtenagentur bezeichnete den Schriftsteller als „Pseudointellektuellen“, der unterstützt würde von der ganzen „antialgerischen“, „prozionistischen“ Szene Frankreichs. Sansal, dem nun jahrelange Haft droht, kritisiert seit Jahren die Zustände in Algerien sowie die drohende Gefahr durch Islamismus. Den ganzen Bericht lesen Sie HIER
Die Verhaftung des algerischen Schriftstellers Boualem Sansal hat auch die deutsche literarische Öffentlichkeit alarmiert. Im Literaturhaus Leipzig fand am 3. 12. 2024 eine Solidaritätsveranstaltung statt. Die WELT berichtet.
Es sprachen Sansals deutsche Übersetzerin, Regina Keil-Sagawe, der Literaturprofessor Alfonso de Toro und der irakische Schriftsteller Najem Wali (Beauftragter des Writers-in-Prison-Programms des deutschen PEN-Zentrums) über den Fall und ordneten Sansals Werk in die politische Situation der Maghreb-Staaten ein. Den ganzen Bericht lesen Sie HIER
Im anschließenden Publikumsgespräch kam die Frage auf, wie sehr Sansal als Schriftsteller politisch rechts stehe, immerhin trete er in Frankreich in einschlägigen Medien auf und werde von Le Pens Leuten gefeiert. Dieses Statement, das suggerierte, dass Sansal seine Verhaftung irgendwie mit provoziert haben könnte, wurde entschieden beantwortet. PEN-Mann Najem Wali sagte: Egal ob ein Schriftsteller rechts oder links stehe, ob er diplomatisch oder undiplomatisch spreche, er müsse sich frei äußern dürfen, Beifall von der falschen Seite verwirke keine Meinungsfreiheit. Saalapplaus dafür.
Wie mich Erich Maria Remarques Roman „Zeit zu leben, Zeit zu sterben“ nach Deutschland gebracht hat.
In der FAZ von 5. Oktober 2024 schreibt Najem Wali über Erich Maria Remarques Roman „Zeit zu leben, zeit zu sterben“.
(…) Der Roman ist erstmals vor siebzig Jahren im September 1954 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen, spielt im Frühjahr 1944 – dem Zeitpunkt der entscheidenden Wende im Zweiten Weltkrieg – und erzählt vom Schicksal des dreiundzwanzigjährigen Wehrmachtsoldaten Ernst Graeber, der sich von der Ostfront beurlauben lässt. Gerade erst hat er die Niederlage der sechsten Armee an der Front von Stalingrad hautnah miterlebt und dort tausende Kameraden sterben sehen, doch noch weiß er nicht, dass er bei seiner Rückkehr nach Berlin seine Heimatstadt in Trümmern liegen sehen wird: zerstörte Häuser, aufgerissene Straßen, obdachlose Menschen, die aus Angst, unter den Trümmern zu sterben, ihre Wohnungen verlassen haben. (…)
Najem Wali, Vizepräsident des PEN Zentrum Deutschland spricht im Deutschlandfunk Kultur über verfolgte und inhaftierte Schreibende, seine Arbeit für das Writers-in-Prison Programm des PEN und die anstehende Feier zum 100 jährigen Bestehen des PEN in Deutschland. Den Live-Beitrag finden Sie HIER zum Nachhören.
Najem Wali stellt seinen neuen Roman Stadt der Klingen auf der Leipziger Buchmesse beim Secession Verlag vor.
Weitere Veranstaltungen mit Najem Wali auf der Leipziger Buchmesse: Freitag, 22. März 2024 14:15 Uhr, PEN-Stand (Halle 5 Stand B504): 25 Jahre Writers-in-Exile: Ein Gespräch mit der Writers-in-Exile-Stipendiatin Stella Nyanzi (Uganda). Moderation: Najem Wali, Writers-in-Prison-Beauftragter und PEN-Vizepräsident 15:30 Uhr,PEN-Stand (Halle 5 Stand B504): Lesung von Texten inhaftierter Autorinnen und Autoren. Mitwirkende: Najem Wali und Jürgen Strasser, PEN-Projektleiter für Writers-in-Prison und Literarisches Leben Samstag, 23. März 2024 15 Uhr, PEN-Stand (Halle 5 Stand B504): Lesung von Texten inhaftierter Autorinnen und Autoren. Mitwirkende: Najem Wali und Jürgen Strasser 16:15 Uhr, Forum Offene Gesellschaft (Halle 2, Stand E600): Mexiko als gefährliches Pflaster für Schreibende: Sexuelle Ausbeutung, Kinderhandel, Frauenmorde und Verfolgung von Schriftstellern. Mitwirkende: Sandra Rosas (Mexiko) im Gespräch mit Najem Wali
Najem Wali: „Diktatoren bauen ihre Macht auf dem Vergessen auf.“
Der 15. November ist der Tag des inhaftierten Schriftstellers. Weltweit sitzen nach Angaben des PEN International rund 140 Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Haft. Im NDR Kultur Gespräch erklärt Najem Wali, warum Diktatoren das geschriebene Wort so sehr fürchten. HIER zum Nachhören:
Mit einem Internationalen Podium im Historischen Rathaus von Münster starteten am 21. September 2023 die Westfälischen Literarischen Friedensgespräche in ihre erste Ausgabe.
Sechs Monate lang haben die renommierten Schriftsteller José Ovejero (Madrid) und Jordi Puntí (Barcelona) ihre Gedanken über den Verfassungskonflikt zwischen Katalonien und Spanien ausgetauscht und einander in zahlreichen E-Mails ihre unterschiedlichen Positionen dargelegt, sie geschärft, aber auch geprüft. Die beiden haben sich die Argumente des jeweils anderen angehört und den Versuch unternommen, gemeinsam neue Ansätze zur Befriedung des festgefahrenen, bis in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zurückreichenden Konflikts zu entwickeln.
Aus diesem schriftlichen Gedankenaustausch lasen die Schauspieler*innen ChrisTine Urspruch und Kai Schumann und gaben so Einblicke in die Auseinadersetzung der beiden Autoren. Anschließend diskutierten José Ovejero, Jordi Puntí, die spanischen Dichterin Laura Casielles und der Ideengeber des Projektes Najem Wali moderiert von Catalina Rojas Hauser (Geschäftsführerin des Kulturrats NRW) über die Ergebnisse und Lösungsansätze und erzählten von dem intensiven Austausch der letzten Monate. Für die musikalische Begleitung des Abends sorgte das „Duo loco“ – Freya Deiting (Violine) und Jörg Siebenhaar (Akkordeon) – mit spanischen und katalanischen Klängen.
„Ich weiß, wie schwierig und manchmal unmöglich es ist, dass Menschen, die aus zwei ganz verschiedenen Lagern oder sogar Schützengräben kommen, zusammensitzen, sich unterhalten und nach Ideen suchen, die sie einander näherbringen“, sagte der Projektkurator Najem Wali in seiner Eröffnungsrede. „Nicht wegen der Anfeindung, die man von seinen eigenen Landsleuten erfährt, sondern vielmehr, wegen der Furcht vor sich selbst, davor, dass man sich in seinen Betrachtungen getäuscht hat, dass man mit seinen Analysen scheitert. Es ist eine Frage von Vertrauen und sich trauen. Von Geduld und Selbstvertrauen. Und es braucht den Willen zum Frieden.“
„Worte statt Waffen“ – Einen Bericht über den Abend lesen SIE hier
Das Pergamonmuseum schließt ab dem 23.Oktober 2023 für mindestens drei Jahre. Bevor es soweit ist, befragte RBBKultur Najem Wali nach seinem Lieblingsobjekt dort. Seine Wahl fiel sofort auf das Ischtar-Tor, eines der Highlights des Vorderasiatischen Museums.
Najem Wali vor dem Ischtar-Tor Foto: Silke Hennig
Zwei Mal eroberten Nebukadnezars Truppen Jerusalem. Die gefangenen Juden ließ er durch das Ischtar-Tor nach Babylon führen – in die Fron. Doch vor Ort waren von der Stadt und ihrer mächtigen Maueranlage nur noch Ruinen zu sehen, in denen Wali Jahrhunderte später gelegentlich spazieren ging, als er seinen Militärdienst in einer Babylon nahegelegenen Kaserne leistete. Dass das der Göttin Ischtar geweihte Stadttor seit 1930 im Berliner Pergamonmuseum zu sehen ist – ausgerechnet in dem Land, das ebenfalls Juden verfolgte, versklavte und ermordete – erscheint dem studierten Germanisten eine „merkwürdige Verbindung“.
Najem Walis Gedanken und Erinnerungen rund um das berühmte Ishtar-Tor sind live zu hören in der Sendung DER MORGEN und nachzulesen bei RBBKultur Radio. Den Link dazu finden Sie HIER
Im Zentrum des Projekts, das auf eine Idee von Najem Wali zurückgeht, steht die Frage, wie Literatur friedensstiftend auf die Weltpolitik einwirken kann. In ihrer ersten Ausgabe widmen sich die „Westfälischen Friedensgespräche“ dem Verfassungskonflikt zwischen Katalonien und Spanien. Die beiden renommierten Schriftsteller José Ovejero (Madrid) und Jordi Puntí (Barcelona) sind hierfür bereits im Januar in einen intensiven schriftlichen Gedankenaustausch eingetreten. In zahlreichen E-Mails haben Sie ihre eigenen Positionen geschärft, aber auch geprüft, sich die Argumente des jeweils anderen angehört und den gemeinsamen Versuch unternommen, neue Ansätze zur Befriedung des festgefahrenen, bis in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zurückreichenden Konflikts zu entwickeln.
Eröffnet werden die „Westfälischen Friedensgespräche“ am 21.09.2023 um 18.00 Uhr mit einem öffentlichen Pressegespräch, mit anschließender Lesung und Podiumsdiskussion mit José Ovejero, Jordi Puntí, Laura Casielles, Najem Wali, Kai Schumann und ChrisTine Urspruch, im Historischen Rathaus von Münster.
Najem Wali wird Vizepräsident des PEN-Zentrums Deutschland und Beauftragter für das Writers in Prison / Writer at Risk Programm.
23. Mai 2023, Börsenblatt Die Mitgliederversammlung des PEN-Zentrums Deutschland hat den Schriftsteller Najem Wali zum neuen Beauftragten für das Programm Writers in Prison / Writers at Risk und damit zu einem der beiden Vizepräsidenten bestimmt.Die Entscheidung erfolgt zunächst als Interims-Lösung bis zur nächsten Mitgliederversammlung. Wali stammt aus dem Irak und hatte selbst Verfolgung erlebt. Besonders seine Erlebnisse in seinem Heimatland Irak motivierten ihn, sich für die Freiheit des Wortes einzusetzen. „Dass ich WiP-Beauftragter des PEN-Zentrums Deutschland bin, ehrt mich und erfüllt mich mit Respekt vor der großen Aufgabe. Ich will sie mit all meinem Engagement ausüben“, stellt Wali in Aussicht.
„Schriftstellerinnen und Schriftsteller leisten Widerstand, setzen sich für Gerechtigkeit und freie Gesellschaften ein. Dafür werden viele verfolgt, bedroht, angriffen, eingekerkert, verbannt und nicht selten getötet. Solange einer oder eine von ihnen irgendwo nicht frei ist, ist niemand frei.“ Najem Wali
„Der Weg fürs Überleben ist das Geschichtenerzählen.“
NAJEM WALI liest aus seinem Roman Soad und das Militär (Secession Verlag 2021) und berichtet von seiner Tätigkeit als Beauftragter für das Writers in Prison / Writers at Risk Programm des PEN-Zentrums Deutschland. Moderation: Achim Raven In Kooperation mit der Robert Burns-Gesellschaft Düsseldorf
Ort:BiBaBuZe Buchhandlung
Aachener Straße 1, 40223 Düsseldorf am 27. Juni 2023 um 19.30 Uhr Eintritt frei
Najem Wali ist seit diesem Jahr Vizepräsident des PEN Zentrums Deutschland und Beauftragter des Writers in Prison / Writers at Risk Programms, mit dem sich der PEN für gefangene, verfolgte und zensierte Schriftstellerinnen und Schriftsteller einsetzt. Najem Wali ist nun zum dritten Mal bei zu Gast in der BiBaBuZe Buchhandlung. 2018 haben wir ihn (leider erfolglos) für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels vorgeschlagen.
anders bleiben. Briefe der Hoffnung in verhärteten Zeiten(Rowohlt)
In 21 Briefen gehen die Beitragenden mit ihrem Gegenüber intensive Zwiegespräche über ihr Dasein in der deutschen Gesellschaft ein – mal tastend, mal vehement, sich erinnernd, immer suchend. Maryam Aras, Shida Bazyar, Dilek Güngör, Selma Wels, Hasnain Kazim, Achim Stanislawski und Najem Wali stellen den Band anders bleiben. Briefe der Hoffnung in verhärteten Zeiten (Rowohlt) vor. Moderation: Jörg Sundermeier
Wann: Montag, 13. Februar 2023 um 19 Uhr Ort: Evangelische Akademie Frankfurt, Römerberg 9, 60311 Frankfurt am Main. Eintritt frei, um Anmeldung wird gebeten: kulturportal@stadt-frankfurt.de
Die Meinungsfreiheit muss verteidigt werden. Was für einen Preis Salman Rushdie und andere Autoren dafür gezahlt haben!
Ein Gastbeitrag von Najem Wali in der FAZ
27. August 2022 Deprimierend nennt der Nobelpreisträger Orhan Pamuk die Situation, in der sich Literaten und Verfechter der Meinungsfreiheit heute befinden. In der Tat, Pamuks Bezeichnung, die man in einem Artikel über das Attentat auf Salman Rushdie in La Point nachlesen kann, ist zutreffend. Zählt man die Attentate und Angriffe auf Schriftsteller, Künstler und Journalisten, wird man sprachlos. Wer dachte, der Raum für das freie Wort würde größer, hat sich getäuscht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Meinungsfreiheit schrumpft. Tabubrechende Werke, die sich kritisch mit Religion oder Despoten auseinandergesetzt haben und bis vor zwei Jahrzehnten gedruckt werden konnten, würden heute kaum mehr einen Verlag oder eine Plattform finden. Solange Fatwas und Hassprediger herumgeistern, wird die Lage immer bedrohlicher. Denn es gibt immer Fanatiker, die bereit sind Fatwas und Rufmorde in die Tat umzusetzen. Es ist wie ein Krieg zwischen Geist und Glauben. Religion wie Politik braucht Überzeugung. Die Literatur aber lebt vom Zweifel. Leider gibt es eine große Zahl jener, die kein Zweifel im Raum lassen wollen. Betrachtet man die Zahl der Opfer von Fatwas, stellt man fest, wie gefährlich es für diejenigen ist und war, die das freie Wort und die Freiheit der Kunst verteidigen. Schon viele bezahlten mit ihrem Leben dafür.
Zehn Jahre nach dem Sturz Mubaraks handeln Bücher, in denen arabische Autoren gegenwärtige Fakten mit Fiktion mischen, nicht mehr von der Revolution, sondern von der Restauration.
Dass der Umweg über die Fiktion oft der kürzeste ist, um manchen Realitäten nahezukommen, wissen Autoren weltweit. Für Schriftsteller und Schriftstellerinnen aus autoritär regierten Gesellschaften ist die Form des Schlüsselromans jedoch häufig der einzige Weg, auf dem sich Inhalte an der Zensur vorbei zu den Lesern schmuggeln lassen. Der Schriftsteller Najem Wali weiß das natürlich, er wurde 1956 im Irak geboren und lebte dort, bis er 1980 zu Beginn des irakisch-iranischen Krieges flüchtete.
Wie schnell die Realität die Fiktion einholen kann, weiß Wali spätestens, seit er seinen jüngsten Roman veröffentlichen wollte – vielleicht wusste er es auch schon vorher und hat die Konfrontation einkalkuliert. Im Zentrum seiner Geschichte steht eine ägyptische Sängerin und Schauspielerin namens Soad, die vom Volk verehrt und vom herrschenden System missbraucht wird. Als Gerüchte aufkommen, dass sie ihre Memoiren schreiben wolle – Erinnerungen, die für gewisse Herren recht unangenehm ausfallen könnten -, kommt Soad im britischen Exil zu Tode. Vielleicht war es Selbstmord, vielleicht ein Unfall. Vielleicht auch keines von beiden.
Den vollständigen Artikel in der Süddeutschen Zeitung lesen SieHIER
Reiserouten. Unterwegs, um frei zu sein?
Eröffnungsvortrag „Entlang der Balkanroute“ von Najem Wali (Berlin)
Anschließend Cathrin Kahlweit (Süddeutsche Zeitung) im Gespräch mit Najem Wali
Vom Aufbrechen und Ankommen – wie schmuggelt man Träume? Ist Reisen nur eine andere Form von Flucht? Eine Bewegung, die wir unternehmen, um Kenntnisse, Reichtümer und Menschen zu gewinnen? Sicher ist, dass die sogenannte Balkanroute eine Zweibahnstraße ist: ein Weg für Austausch und Begegnung.
Wann: 18. November 2021 Wo:Klangraum Krems Minoritenkirche
Minoritenplatz 4, 3500 Krems a. d. Donau um 19:30 Uhr
Bevor Grenzen gezogen und Staaten gegründet wurden, gab es das Reisen. Das Aufbrechen und Abfahren, das Vertriebenwerden und das Fliehen. Reisen ist so alt wie der Schmerz, wie das Alles-loslassen-Wollen und Alles-verlassen-Müssen, geboren aus dem Bewusstsein des Schmerzes im Dasein.
Die Menschen in Ägypten wissen aus langjähriger Erfahrung, dass die Machthaber ihnen misstrauen und sie deshalb von Geheimdiensten überwacht werden. Davor sind auch Berühmtheiten nicht gefeit, ganz im Gegenteil, wie Najem Wali erzählt. Auf verschlungenen Wegen kreuz und quer durch die Innenbezirke Kairos führt sein Ich-Erzähler hinein in eine Geschichte, in der die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit, Öffentlichkeit und Geheimnistuerei verschwimmen.
Auf dem nächtlichen Weg zurück ins Hotel wird er von einem Fremden verfolgt. Er befürchtet schon das Schlimmste, als sich der mysteriöse Verfolger als sein alter Freund Simon Syros entpuppt. Sichtlich um Unauffälligkeit bemüht, überreicht ihm dieser ein sorgfältig verschnürtes Päckchen mit elf Heften. Darin findet der Erzähler die Geschichte von Simon und dessen Geliebter Soad aufgezeichnet, der legendären Sängerin und Schauspielerin, deren anscheinend glänzende Karriere unter einem dunklen Stern stand. Soad war noch keine neun Jahre alt, als das Militär im Sommer 1952 gegen König Faruk I. putschte und formell eine Republik ausrief, die unter Gamal Abdel Nasser militaristische Züge annahm. Das Lied Gott erhalte deine Armee, mein geliebtes Ägypten sollte zum Jubelgesang auf die neue Zeit werden – gesungen von einem „Goldkind“ aus dem Volk: Soad. Für sie aber sollte die Liedzeile „Die Armee ist es, die uns schützt“ zum Fluch werden und zu Lebzeiten „wie ein Alptraum auf ihr lasten“.
Seine Bücher bringen ihm Drohungen ein, Verleger in Schwierigkeiten und landen auf dem Index. Wie Najem Walis neuer Roman trotzdem an die arabischen Leser gebracht wird.
Manchmal sind die Bücher von Najem Wali gefährlich. Nicht in Deutschland natürlich, wo die Romane des 1980 aus dem Irak emigrierten Schriftstellers oft wohlwollend aufgenommen werden. Aber in arabischen Ländern durchaus. Der Roman „Saras Stunde“ (2018) über eine junge Frau, die gegen konservative Kräfte in ihrer saudischen Heimat kämpft, geriet in Saudi-Arabien auf den Index. Auch sein jüngstes Buch, „Soad und das Militär“, brachte, während es in Deutschland vor wenigen Wochen naturgemäß problemlos erschien, seinen irakischen Verleger in Schwierigkeiten. An „Soad und das Militär“ ist schon der Titel verdächtig. Gleich mehrere Verlage in Beirut und Bagdad wollten den Roman nicht veröffentlichen, und als er schließlich bei Darstoor in Bagdad erschien, wurde das Wort „Militär“ auf dem Cover mit einem schwarzen Balken überdeckt. Das Buch greift die Geschichte der ägyptischen Schauspielerin Soad Hosny auf, um deren Tod sich allerlei Mythen ranken. Denn bevor die im Ägypten der sechziger und siebziger Jahre verehrte Diva 2001 vom Balkon eines Appartements in London stürzte, soll sie angekündigt haben, ihre Memoiren zu schreiben. Da sie enge Verbindungen zum Militär und in die Politik hatte, kam rasch die Vermutung auf, sie könnte ermordet worden sein, allerdings wurden die genauen Umstände ihres Todes nie geklärt.
Den vollständigen Artikel in der FAZ lesen Sie HIER
Najem Wali, der im Irak unter dem Diktator Saddam Hussein geborene Schriftsteller, hat in seinem neuen Roman „Soad und das Militär“ mit dem Militärregime in Ägypten abgerechnet. Ein Roman voller Abgründe.
Eine verhängnisvolle Begegnung Der Ich-Erzähler kommt auf Einladung des Goethe-Instituts zu einer Lesung nach Kairo, ein paar Tage will er bleiben. Später läuft ihm in den Gassen der Altstadt ein alter Freund nach, unter konspirativen Umständen kommen sie zusammen, eine Kladde mit Aufzeichnungen wird übergeben. Drei Jahre sind seit den Protesten auf dem Tahrir-Platz vergangen und dreizehn seit ihrer letzten Begegnung. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf. „Das Militär verstand, sobald es selbst betroffen war, keinen Spaß! (…) Hätten die Hefte nur den Titel Soad getragen, hätte es gar kein Problem gegeben, ganz egal, was ihr Inhalt besagte, ganz egal, was für Geheimnisse enthüllt wurden. All dies wäre kein Vergehen oder Verbrechen gewesen. Doch ihr Titel lautete Soad und das Militär, und das, das war ein Verbrechen!“
Von Anfang an mitreißend Schon der Besitzer eines solchen Manuskripts kann sich in Lebensgefahr bringen, so ist das unter einem Militärregime, das in Ägypten seit 1952 mehr oder weniger an der Macht ist. Wie ein Thriller kommt dieser Roman daher, von Beginn an fesselnd, reißend, drängend, unheilschwanger.
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