In der Süddeutschen Zeitung schreibt Najem Wali in einem Gastbeitrag darüber, was die Widerstände im Irak von anderen arabischen Aufständen unterscheidet. Welche Mächte sich einmischen. Und warum die Bewegung zum Scheitern verurteilt ist. (SZ, 7. November 2019)
Als Erste erhoben sich die Jugendlichen aus den Slums von Bagdad, aus Thawra, Schula, Hurrija. Sie waren Straßenverkäufer und Fahrer von Tuk-Tuks, Motorradtaxis. Die Regierung hatte ihre selbstgebauten Elendshütten niederreißen lassen und den Straßenverkauf verboten, dann schränkte sie die Tuk-Tuk-Routen durch die Stadt ein. Wo und wovon sollten sie leben? Das war Anfang Oktober.
Die Aufständischen besetzten den Tahrir-Platz und andere Flächen der irakischen Hauptstadt, und etwas Seltsames geschah. Bislang galten Straßenverkäufer und Tuk-Tuk-Fahrer als „Schmarotzer“, die vom Chaos profitierten und rote Ampeln überfuhren. Aber nun sang die Presse Loblieder auf die jungen Menschen. Frauen und Männer, Intellektuelle und einfache Bürger priesen ihren Mut, ihre Großzügigkeit und Opferbereitschaft, weil sie heldenmütig die Verletzten ins Krankenhaus brachten.