El inganio continua, der Betrug geht weiter. Ab dem 15. Jahrhundert haben die Spanier Mittel- und Lateinamerika erobert, ausgeraubt, die Menschen dort niedergemetzelt, versklavt und gedemütigt. Wer aber denkt, dass diese Demütigung, dieser Betrug, aufgehört hat, der täuscht sich. El inganio geht weiter, der Betrug, in Form eines Feiertags: „El Día de la Independencia“, der Tag der Unabhängigkeit.
Am 15. September feiert man seit dem 19. Jahrhundert von Mexiko bis Panama diesen Unabhängigkeitstag. In Nicaragua dauert der Betrug sogar noch länger. Dort feiert man ganze fünf Tage! Als ob die Indigenen, die Urbevölkerung, sich die Macht in ihren Ländern zurück erkämpft hätten. Nichts davon!
Wer die Machtstruktur in diesen sogenannten befreiten Länder betrachtet, stellt fest, dass dort immer noch die weiße Rasse regiert, die Nachfahren der Europäer, der ersten Eroberer, mit überwiegend spanischer Abstammung. In allen diesen Ländern findet man mehrheitlich diese Weißen im Fernsehen, in den Regierungen und in der Wirtschaft. Das ursprüngliche Volk findet man auf dem Markt, als Straßenverkäufer, in den Metros oder in den Banden der Desperados.Es ist paradox, weil wir wissen, dass die indigenen Völker sechzig Prozent der Bevölkerung von Mittel- und Lateinamerika ausmachen. In Honduras ist das nicht anders, wo über siebzehn Prozent der Kinder der indigenen Völker auf Müllhalden arbeiten, um ihre Familien zu unterstützen. Sie haben keinen Schulabschluss, werden krank für immer.
Auf dem Zócalo, dem Platz der Verfassung, in Mexico City blieben in diesem Jahr zwanzig Tonnen Müll zurück, die Reste der vorabendlichen Feier, als der „weiße“ mexikanische Präsident mit seiner „weißen“ Frau und seinen „weißen“ Ministern auf dem Balkon des Nationalpalastes mit „seinem“ Volk feierte. Am nächsten Morgen waren es die Indigenen allein, die limpiadores, die freiwillig mit ihren Kindern kamen, um den Müll aufzuräumen. Es lebe El Día de la Independencia!